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Kap 11: Der Jobwechsel

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Es war wieder einer diesen Julitage, an denen es in den hohen engen Zimmern des Institutsgebäudes besonders unerträglich heiß war und K. gebeugt über Skripten und Literatur einzuschlafen drohte. Das Ticken der alten Pendeluhr war nicht gerade förderlich für das Ankämpfen gegen die Müdigkeit. Die Studenten genossen ihre wohlverdienten Ferien, die meisten Kollegen waren weg und Holinka ohnehin nie da.

Umso erstaunlicher war es für K. als plötzlich völlig unerwartet das Telefon läutete und Holinka ihn zu sich rief. Unmittelbar nachdem K. in ungewisser Erwartung der Dinge die da kommen könnten eingetreten war, begann Holinka mit den Worten: "Herr Kollege: Sie sind nun 4 Jahre an der Universität, Sie können vielleicht noch weitere 4 Jahre bleiben aber ich hätte da ein interessantes Angebot der Stadtvermessungsabteilung für Sie. Senatsrat Mader - ein alter Bekannter von mir - geht in wenigen Wochen in Pension und da könnte man vielleicht noch was machen."

Ja man konnte über Holinka sagen was man wollte aber man konnte ihm nicht vorwerfen, daß er sich nicht um seine Leute kümmerte. Schon oft hatte er Kollegen des Institutes oder aus seinem Büro an strategisch wichtigen Positionen bei Bund, Land oder Stadt plaziert, was natürlich auf lange Sicht für ihn nicht unbedingt von Nachteil war.

Der Gedanke Holinka für immer verpflichtet zu sein bereitete K. zwar Unbehagen, trotzdem versprach er zu einem unverbindlichen Gespräch bei der Stadtvermessung vorbeizuschauen.

Ein Termin war rasch vereinbart und K. traf auf viele freundliche Menschen, die ihm zahlreiche Ratschläge gaben, wie man sich am besten bei einem solchen Amt zu verhalten habe, um mit der strengen Hierarchie einigermaßen zurechtzukommen. Gerade als Mann mit EDV-Kenntnissen habe er mit erbitterten Gegnern aus dem Rechenzentrum zu rechnen. K. hätte sich trotzdem vorstellen können hier die nächsten Jahre zu verbringen, denn er kannte auch einige Vermesser hier noch aus seiner Studienzeit.

Da ohne Personalabteilung bei einem derart großem Amt natürlich gar nichts geht, wurde ein weiterer Termin in der Personaldirektion vereinbart. K. holte sein schönstes Gewand aus dem Kleiderschrank - an eine Krawatte hatte er allerdings nicht gedacht. Zwei Stunden lang saß er zwei Personen gegenüber die ihm die unangenehmsten Fragen stellten: "Warum wollen Sie mit Ihrer Ausbildung eigentlich zur Stadtvermessung kommen?" oder "Was schreckt Sie eigentlich von der Privatwirtschaft ab - haben Sie nicht genug Mut?".

K. der eigentlich sonst selten verlegen war, war von diesen Fragen so überrascht, daß er oft einfach keine Antwort wußte. Beim Gehen rief man ihm noch in Anspielung auf die fehlende Krawatte noch nach "Haben Sie eigentlich etwas gegen schöne Kleidung?".

Das war K. nun wirklich zuviel, das hätte man nicht sagen dürfen. Für K. war die Entscheidung bereits gefallen: egal ob dieses Amt ihn nun für würdig hielt bei ihm zu arbeiten, für K. war dieses Amt nicht würdig von seinem Engagement, Ehrgeiz und seiner Ausbildung zu profitieren. Wochen später erfuhr K. daß einer der beiden Gesprächspartner ein Psychologe war, der K. mit voller Absicht provoziert hatte.

Für K. war aber nun auch klar das Institut so rasch als möglich verlassen zu müssen, denn Holinka war etwas sauer über sein Verhalten war wo er sich doch so sehr für ihn eingesetzt hatte.

K. kam auf die Idee bei der Firma ÖVU nachzufragen: angeblich sollte es auch dort eine Vermessungsabteilung geben. Bei dieser Firma hatten auch bereits K.`s Vater, Großvater mütterlicherseits, Urgroßvater mütterlicherseits, 3 Onkel mütterlicherseits, ein Onkel väterlicherseits und 2 Cousins väterlicherseits in den verschiedensten Funktionen gearbeitet. K.`s Vater wollte ihn schon früher unbedingt bei dieser Firma unterbringen, doch er konnte sich dagegen immer erfolgreich wehren und erst jetzt ganz ohne Druck und ganz ohne die wohlgemeinten Ratschläge seines strengen Vaters konnte es sich K. erstmals vorstellen, bei der Firma ÖVU zu arbeiten bzw. zumindest um Arbeit anzufragen.

Holinka fand die Idee nicht besonders gut - ja er war geradezu bestürzt, denn bei der Firma ÖVU kannte er niemanden und konnte daher auch nicht helfen.

K. benötigte fast einen ganzen Tag um eine entsprechende Telefonnummer herauszufinden. Er wurde hin- und hervermittelt, die einen kannten gar keine derartige Abteilung, die anderen hatten davon zumindest schon davon gehört. Erst am späten Nachmittag konnte K. dann doch einen Mitarbeiter dieser Abteilung sprechen, der zumindest mit ziemlicher Sicherheit bestätigen konnte, daß es eine derartige Abteilung gibt: darüber hinaus konnte und durfte er aber keinerlei Auskunft geben.

Erst in den nächsten Tagen hatte er den Chef - einen gewissen Herrn Herb - persönlich in der Leitung und dieser teilte ihm fast freudig mit, daß in nächster Zeit ein Kollege in Pension gehen und er sich auch einsetzen würde, daß diese Stelle wieder mit einem Vermessungsingenieur nachbesetzt wird. Er sprach etwas von einem frischem Wind, den seine kleine Abteilung benötigen könne und gab K. den Hinweis sich unverzüglich an die Personalabteilung zu wenden.

K. kaufte sich für das Vorstellungsgespräch diesmal eine funkelnagelneue Krawatte, zog wieder sein bestes Hemd und die beste Hose an und begab sich zum vereinbarten Ort.

Dort empfing ihn ein älterer, äußerst freundlicher Herr, der ihm ebenfalls viele Fragen stellte. K. empfand dieses Gespräch aber über die gesamte Dauer als sehr angenehm und als er dann noch erzählte wer von seinen Verwandten bereits bei der ÖVU gearbeitet hatte bzw. noch arbeitete begannen die Augen des Personalbeamten zu leuchten und er sah da keine weiteren Probleme mit der Anstellung mehr.

K. ging nach Hause und war erfreut über die Tatsache, daß dies vielleicht seine Firma werden könne und er war noch tagelang in Euphorie über das so gut verlaufene Vorstellungsgespräch mit dem netten freundlichen älteren Herrn (K. hatte diesen Herrn später nie wieder gesehen).

2 Wochen später erhielt K. dann einen Brief von der ÖVU mit der fixen Zusage ab 1. Oktober mit der Arbeit anfangen zu können. Fast zeitgleich erhielt er auch überraschend ein Schreiben vom Stadtvermessungsamt: es war für K. eine gewisse Genugtuung als er dem Amt mitteilen mußte, daß er leider nicht mehr verfügbar wäre.

Holinka war immer noch nicht sicher, ob K. die richtige Wahl getroffen hatte und er konnte es sich nicht vorstellen, daß er sich jemand auf eine unsichere Zukunft bei einer Firma einließ, wo er - der große Holinka - so gar niemanden kannte.

Er akzeptierte aber natürlich die Entscheidung und wünschte K. alles Gute für die weitere Zukunft. Selbstverständlich stellte er auch alle erforderlichen Bestätigungen aus, daß er sehr zufrieden war mit K. und lobte ihn als sehr engagierten Mitarbeiter. Irgendwie war man aber auf beiden Seiten froh, daß dieses Bündnis das nun bereits sieben Jahre bestand nun offensichtlich vor der Auflösung stand.

K. wußte zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht, daß er nicht nur Holinkas Wünsche sondern alle Glückwünsche dieser Welt benötigt hätte, um bei der neuen Firma zu Beginn auch nur einigermaßen über die Runden zu kommen.

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